Langfeld, Andreas (2019):

Elternschaft in jungen Familien zwischen Lebenswelt und Institution

Eine qualitative Studie zu Erziehungserfahrungen und familienbiographischen Prozessen; veröffentlicht bei Klinkhardt

Den Ausgangspunkt für die Studie bildet der bislang kaum empirisch begründete Zugang zu den individuellen Prozessverläufen von Elternschaft und Erziehung in einer spätmodernen Gesellschaft. Insbesondere im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Diskussion über neue Funktionsteilungen zwischen privater und öffentlicher Erziehung fehlt es an Befunden zur Perspektive der Eltern. Dabei ist es in kritischer Auseinandersetzung mit den eher normativ-symbolischen Prämissen einer ‚Erziehungspartnerschaft‘ zwischen Familie und Institution aus sozialpädagogischer Sicht bedeutsam, inwieweit Eltern hierbei in Abhängigkeit ihrer biographischen und lebensweltlichen Ressourcen als autonome Subjekte auftreten und die familienunterstützenden Angebote entlang ihrer je spezifischen Erwartungshaltungen mitgestalten.

Dazu setzt die Arbeit konsequent an den familienbiographischen Erfahrungsaufschichtungen junger Mütter und Väter an. In 26 narrativen Interviews mit einem sozial heterogenen Elternsample geht es um die Analyse familialer Erziehungs- und Bildungsprozesse, familienbiographischer Übergänge, lebensweltlicher Orientierungs-systeme und der Bedeutung gesellschaftlicher und sozialstaatlicher Strukturen.

Im Ergebnis präsentiert die Studie auf der Grundlage handlungstheoretischer und ökologisch-systemischer Überlegungen ein neues empirisch-prozessuales Verständnis von familialer Erziehung. Vor diesem Hintergrund wird eine Typologie von Elternschaftskonzepten vorgestellt, die in ihren Varianten auf die Pluralität und Dynamik familialer Erziehungsmilieus verweist und zugleich charakteristisch die strukturelle Diskrepanz zwischen elterlichen Selbstbehauptungsprozessen und institutionellen Anpassungserfordernissen aufnimmt: von einer introvertierten familienzentrierten Elternschaft, über eine tendenziell selbstbestimmte Elternschaft bei pädagogischer Grundsicherung bis hin zu einer gesellschaftlich eher überformten oder gar (sozial)pädagogisch und rechtlich rationalisierten Elternschaft. Die Befunde verdeutlichen schließlich die Grenzen normativer Leitbilder im Rahmen einer Erziehungspartnerschaft zwischen Familie und pädagogischen Fachkräften – zu unterschiedlich zeigen sich in der Analyse die Sinnzuschreibungen, die Ansprüche aber auch die Selbstbestimmungs- und Partizipationsmöglichkeiten in den verschiedenen Familienmilieus.

 

https://www.klinkhardt.de/verlagsprogramm/2346.html

 

Inhalt, Zusammenfassung, Vorwort und Einleitung:

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Typologie:

I.     Familienzentrierte Elternschaft (eine hypothetische Konstruktion)

II.    Autonome Elternschaft bei (sozial)pädagogischer Grundsicherung

a)  Die pädagogisch professionalisierten Eltern

„Je mehr Bildung man aus dem Erziehungssektor hat, desto gelassener kann man
mit bestimmten Situationen umgehen.“ − Bettina, die Berufspädagogin im familien-
biographischen Selbstverwirklichungsprozess

b)  Die bildungsambitionierten Eltern

„Er wollte das Gymnasium verlassen und da habe ich gesagt: Nein!“ − Sarah, die
bildungsorientierte Mutter mit sozialen Statusaspirationen

c)  Die kindorientierten Eltern im Verhandlungshaushalt

„Wir begleiten sie auf ihrem Weg in ihr eigenes Leben, mit Gesprächen und mit Vorleben.“ – Biographische Selbstverwirklichung in Familie und Beruf, Cindy

d)  Die direktiv-regelgeleiteten Eltern

„Es muss nicht immer alles ausdiskutiert werden, konkrete Ansagen müssen auch
reichen.“ − Marlies, die alleinzuständige, dreifache Mutter im pragmatisch-
routinierten Familienalltag

e)   Die individualisierte Elternrolle in der Patchwork-Familie

„Is mein Kind. Den erzieh ich, wie ich das will.“ − Tobias, der „coole Dad“ in
Abgrenzung zum bürgerlichen Mainstream

III.   Fragile Elternschaft im Spannungsfeld pädagogischer
Sozialisationsinstanzen

„Playstation aus, Fahrradverbot und dann kriegen sie sich ein, dann ist gut, aber Schläge erziehen meine Kinder nicht.“ − Evgenia, die alleinerziehende Mutter im strukturell belasteten Familienalltag (zusätzlicher Download, pdf)

„Ansprechpartner im Sinne wie Bekannte oder Freunde haben wir hier keinen.“ –
Robert, der Call-Center-Agent in sozial deprivierter familialer Lebenslage

IV.   Sozialpädagogisch und fördertherapeutisch erweiterte Elternschaft

„Weil ich das mitgekriegt habe, es muss was gemacht werden und ich  alleine schaff es nicht.“– Angelika, die junge Mutter mit ausgeprägtem Förderengagement (zusätzlicher Download, pdf)

„Denn kämpf ick da auch wie ne Löwin für.“ – Zwischen semi-professionellen
Förderambitionen und überlastetem Familienalltag, Julia

V.    Sozialrechtlich und sozialpädagogisch gesicherte Elternschaft

„Aber es gibt einige Fälle, wo man wirklich keinen Rat weiß und man froh is, wenn man sich einem anvertrauen kann und vielleicht auch zusammen mit ihm denn ne Lösung findet.“ – Annette, die professionell umsorgte Mutter vor dem Hintergrund familienbiographischer Beziehungskrisen (zusätzlicher Download, pdf)

 „Ick stoß zwar anne Grenzen, aber ick lieb mein Kind und hol mir deswegen die Hilfe.“ – Heike, die hilfesuchende Mutter im Kontext einer familienbiographischen Identitätskrisenproblematik

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